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Mutterkuhhalter NRW e. V. on Tour: Erster Stopp auf dem Kaatzhof in Kempen am Niederrhein
Am Samstag, den 1. Juni 2024, begann die Tour auf dem Kaatzhof in Kempen am Niederrhein. Ziel der Veranstaltungsreihe ist es, die unterschiedlichen Betriebe der Mutterkuhhalter in Nordrhein-Westfalen kennenzulernen und die verschiedenen landwirtschaftlichen Strukturen, regionalen Unterschiede und Vermarktungsstrategien zu verstehen. Denn die Mutterkuhhaltung in NRW ist sehr vielfältig, bedingt durch die unterschiedlichen Grünlandregionen vom Niederrhein über die Eifel, das Sauer- und Siegerland bis hin nach Ostwestfalen.
Der Mutterkuhhalter NRW e. V. lud zusammen mit Heinz-Jürgen Krouhs, dem Betriebsleiter des Kaatzhofes, alle Betriebe mit Mutterkuhhaltung, insbesondere aus den Kreisen Viersen, Kleve und Wesel nach Kempen ein. Zahlreiche interessierte Landwirte aus der Region folgten der Einladung.
Der Kaatzhof hat sich auf die Mutterkuhhaltung von Limousin-Rindern sowie die Bullen- und Färsenmast spezialisiert. Heinz-Jürgen Krouhs bewirtschaftet 120 Hektar an zwei Standorten in Kempen und einem im Westerwald. Mit etwa 100 Mutterkühen, sechs Deckbullen, rund 200 Mastbullen und weiteren 200 Rindern zur Zucht und Mast wird die Mutterkuhhaltung im Vollerwerb zusammen mit einem Angestellten und seinem Neffen geführt. Die Hauptabnehmer des hochwertigen Rindfleisches sind Großkunden aus den Niederlanden, doch auch in der Region wird das Fleisch direkt vermarktet. Verbraucherinnen und Verbraucher können das online vorbestellte Fleisch einmal im Monat im eigenen Hofladen abholen. Auch Restaurants, Hofläden und Caterer aus der Umgebung zählen zu den Kunden des Kaatzhofes. Diese vielseitige Abnehmerstruktur stellt sicher, dass alle Teilstücke der Bullen und Färsen ihre Kunden finden.
Maximilian Schäfer, Geschäftsführer des Fleischrinder-Herdbuch e. V. (FHB), referierte über Chancen und Rahmenbedingungen für die gemeinsame Vermarktung über Absetzerauktionen. 2023 stiegen die Absetzerzahlen erstmals wieder über 4.000 Stück und die Preise entwickelten sich positiv, was auch auf den ersten Auktionen 2024 zu beobachten war. Auktionen seien ein guter Indikator für die Marktnachfrage, erklärte Schäfer. Homogene Gruppen, altersgerechte Fleischtypen und die überdurchschnittliche Bezahlung klassischer sowie mittelintensiver Rassen waren die Merkmale der letzten Auktionen. Der Verein FHB bietet seinen Mitgliedern Preis- und Qualitätssicherheit beim Verkauf ihrer Tiere.
Bettina Hörstmeier, zweite Vorsitzende des Mutterkuhhalter NRW e. V., rundete das Vortragsprogramm ab. Sie stellte den Verein mit seinen Zielen, Maßnahmen und aktuellen Aktivitäten vor. Der Mutterkuhhalter NRW e. V. wurde 2022 gegründet, um die Öffentlichkeit über diese besondere Haltungsform und ihre Leistungen für Tierwohl, Artenvielfalt und Pflege der Kulturlandschaft zu informieren sowie die Interessen der Tierhalter zu vertreten. Inzwischen hat der Verein rund 300 Mitglieder und betreibt mit Unterstützung des Ministeriums für Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW eine engagierte Öffentlichkeitsarbeit.
Hintergrund Mutterkuhhaltung
Rund 85 % der landwirtschaftlichen Biomasse ist für den Menschen nicht essbar. Erst durch die Wiederkäuer wird aus der Pflanzenmasse ein hochwertiges tierisches Lebensmittel. Die spezielle Haltungsform der Mutterkuhhaltung hat über diese direkte Bedeutung für die menschliche Ernährung hinaus eine Reihe weiterer positiver Effekte. Hierzu zählt z. B. die besondere Tierwohlorientierung, denn die Kälber werden in der Mutterkuhhaltung nach der Geburt nicht von den Muttertieren getrennt. Vielmehr bleiben die Jungtiere in der Regel acht Monate eng bei den Muttertieren, werden von ihrer Mutter gesäugt und wachsen im Herdenverband auf. Die Herden sind den größten Teil des Jahres auf der Weide, fressen Gras und Kräuter und kommen lediglich in den Wintermonaten in den Stall. Insgesamt ist die Mutterkuhhaltung damit eine besonders artgerechte Haltungsform. Sie kommt häufig auf Flächen zum Einsatz, die sich für intensive Landwirtschaft kaum eignen wie z. B. Flussauen oder Hanglagen. Hier sorgt die Beweidung dafür, dass eine vielfältige und auch für die Erholungsnutzung attraktive Landschaftsstruktur erhalten bleibt, die sonst schnell unter Buschwerk verschwinden würde. Die extensive Beweidung trägt damit auch dazu bei, ökologisch besonders wertvolle Flächen zu bewahren und zu entwickeln, die z. B. vielen Insektenarten einen Lebensraum bieten.
Die Mutterkuhhaltung mit ihren verschiedenen Fleischrinderrassen bringt neben der Produktion von hochwertigem Fleisch und Fleischprodukten also auch in vielen anderen Bereichen einen Nutzen für die Gesellschaft und die Umwelt mit sich. Damit das funktioniert, investieren die Halterinnen und Halter viel Zeit, Arbeit und Geld, denn ihr Aufwand ist wegen der in der Regel kleinen Herden auf häufig kleinen und verteilten Flächen vergleichsweise hoch. Häufig wird die Mutterkuhhaltung im Nebenerwerb betrieben. Das geht nur mit viel Überzeugung und Engagement.
Fotos: Birgit Clausen